Kolonialer Erwerbskontext im Naturhistorischen Museum Wien

Kolonialer Erwerbskontext (KolText): Kamen Sammlungen unter kolonialen Umständen an das NHM Wien? Welche Definitionen und Forschungstrategien sind notwendig, um diese Frage zu beantworten?

Debatten um den kolonialen Erwerbskontext und die Restitution von Objekten aus ethnografischen Sammlungen haben zuletzt nicht nur vermehrt zu Forschungen geführt, sondern auch die Öffentlichkeit erreicht. Fragen des kolonialen Erwerbskontexts betreffen aber auch naturkundliche Sammlungen und Museen, wo noch großer Forschungsbedarf auszumachen ist.

In diesem Sinne untersucht nun auch das Naturhistorische Museum Wien im Rahmen des KolText-Projekts koloniale Kontexte. Das vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport unterstützte Projekt (Laufzeit: 2021–2022) beabsichtigt eine erste Bestandsaufnahme im Haus und die Erstellung einer Übersicht über die Archiv- und Quellenlage zur Erforschung kolonialer Provenienzen der Sammlungen des NHM Wien.
Aufgrund der Materialfülle liegt der Fokus der Untersuchung auf der Zeit von der Gründung des Museums bis zum Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie 1918. Zurzeit werden in einem ersten Schritt in der Anthropologischen Abteilung des NHM Wien Sammlungen aus Neuseeland und Tierra del Fuego analysiert.

Übergeordnetes Ziel ist es, eine adäquate Forschungsstrategie zu entwickeln und den Begriff „kolonialer Erwerbskontext“ für die Sammlungen eines naturkundlichen Museums definitorisch zu konkretisieren. Angestrebt wird, weitere tiefergehende Recherchen für die nächsten Jahre zu formulieren bzw. eine begleitende Provenienzforschung im Haus zu etablieren, die sich spezifischen kolonialen Zusammenhängen widmet. Diese wird zu einer ausgeweiteten Kontextualisierung der Objekte in den Sammlungen des NHM Wien führen.

Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen des KolText-Teams:
Prof. Dr. Sabine Eggers
Dr. Margit Berner
DDr. Martin Krenn
Dr. Verena Pawlowsky
Constanze Schattke, MSc
Dominik Spörker, BA BA MA



: Inventarbuch (Foto: © W. Reichmann)
Inventarbuch (Foto: © W. Reichmann)

Biennale Venedig 2022

Im Zuge von Vorbereitungen für die Provenienzfoschung an menschlichen Knochen aus Tierra del Fuego gingen Wissenschaftlerinnen der Abteilung für Anthropologie im Jahr 2020 aktiv auf indigene Nachfahren menschlicher Überreste aus Tierra del Fuego zu. Diese Knochen werden derzeit in der Sammlung der Abteilung aufbewahrt. Aus der ersten Kontaktaufnahme mit Vertretern der Selk’nam entwickelte sich ein für beide Seiten intensiver und bereichernder Austausch, der auf Grund der räumlichen und zeitlichen Unterschiede hauptsächlich online stattfinden musste. Im April 2022 schließlich konnten Sabine Eggers und Constanze Schattke (NHM Wien) die beiden Vertreterinnen Hema'ny Molina Vargas (Corporación Selk’nam Chile) und Fernanda Olivares Molina (Fundación Hach Saye) in Venedig zur 59. Biennale besuchen, bei der die Hach Saye an der Konzeptions des chilenischen Pavillons, Turba Tol Hol-Hol, beteiligt ist. Hier kann der Besucher die spirituelle und haptische Welt des Selk'nam inmitten eines echten aufgebauten Stücks Torfland auf beeindruckende Art und Weise erleben. Dieses erste persönliche Treffen voller neuer Erfahrungen, Eindrücke und Gespräche reflektierte den bisherigen auf Augenhöhe stattfindenden Austausch und lässt auch in Zukunft auf eine weiterhin intensive Zusammenarbeit hoffen.

 

Externe Links:
Fundación Hach Saye https://hachsaye.com/
Corporación Selk’nam Chile https://www.facebook.com/corporacionselknamchile/
Chilean Pavillon https://turbatol.org/







test: Das Innere des chilenischen Pavillons mit der künstlich angelegten Moosfläche (Foto: S. Eggers)
Das Innere des chilenischen Pavillons mit der künstlich angelegten Moosfläche (Foto: S. Eggers)
: Eingang zum chilenischen Pavillon Turba Tol Hol-Hol (Foto: S. Eggers)
Eingang zum chilenischen Pavillon Turba Tol Hol-Hol (Foto: S. Eggers)
  
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