Hipercorig-Hallstatt-History (H3)

Ein tiefer Einblick in die Vergangenheit des Hallstätter Sees


Das H3-Projekt bringt auf dem Hallstätter See eine neu entwickelte Bohrplattform zum Einsatz. Den Forscher*innen geht es darum, die Klima- und Umweltgeschichte des Inneren Salzkammerguts über die letzten 10.000 bis 12.000 Jahre zu erschließen. Hierzu müssen in über 100 Metern Wassertiefe Sedimentbohrkerne von mindestens 40 Metern Länge entnommen werden. Diese Bohrtiefe war bislang nicht erreichbar, kann nun aber mit der neuen Bohrvorrichtung der Firma Uwitec sogar überschritten werden.

Prähistorischer Bergbau
Die ältesten Funde aus dem Bergwerk Hallstatt und dessen Umgebung sind 7000 Jahre alt. Sie belegen damit eine sehr frühe Salzgewinnung. Wie sich der Salzbergbau von diesen ersten Anfängen in der Steinzeit bis zum bronzezeitlichen Bergbau (ab 1300 v. Chr. nachgewiesen) entwickelt hat, kann aktuell noch nicht gesagt werden. Untersuchungen in einem Moor (Siegmoos) oberhalb des Salzbergtales zeigen aber, dass ab 4300 v. Chr. bis heute eine ständige menschliche Präsenz vorhanden war (Festi et al. 2021; Knierzinger et al. 2021).
Der bronzezeitliche Bergbau wurde um 1061 v. Chr. durch einen Erdrutsch unterbrochen (Grabner et al. 2021). Der darauffolgende Bergbau erreichte gigantische Dimensionen und schaffte Abbaukammern von 300 Metern Länge und bis zu 20 Metern Höhe (Barth & Reschreiter 2019). Auch dieser Betrieb wurde um 662 v. Chr. verschüttet (Grabner et al. 2021). Der Neubeginn der Salzproduktion erfolgte unmittelbar danach. Weitere Erdrutsche folgten. Die Hallstätter Gemeinschaften und ihr Netzwerke jedoch so stabil, dass ein Wiederaufbau der Infrastruktur und ein Neubeginn im Bergbau jedes Mal möglich war – bis heute.

Mensch und Umwelt
Über die letzten Jahre wurden im Rahmen des interdisziplinären Facealps-Projekts (gefördert durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften und die Freunde NHM) wesentliche Erkenntnisse zur Besiedlungsgeschichte des Inneren Salzkammerguts und der Mensch-Umeltbeziehung gewonnen. So konnte einerseits gezeigt werden, dass die prähistorischen Bergbaugesellschaften im Hallstätter Hochtal über eine hohe Resilienz gegenüber extremen Naturereignissen verfügten. Andererseits wurde deutlich, dass diese Gemeinschaften den durch ihren Ressourcenbdarf bedingten Umwelteingriff nachhaltig gestalteten (Festi et al. 2021).
: © D. Brandner
© D. Brandner
Die Analysen an dem Bohrkern aus dem Moor geben auch sehr gute Anhaltspunkte über die Entwicklung der Salzproduktion über die letzten 6300 Jahre (Festi et al. 2021; Knierzinger et al. 2021). Doch wollen wir auch den Beginn der Salzgewinnung feststellen, die Betriebsphasen des Bergbaus über die letzten 7000 Jahre noch besser fassen und das Ausmaß und die Häufigkeit der Rutschungen erforschen. Überdies zielen wir darauf ab, die Reaktionen auf diese Katastrophen zu verstehen. Die Seekernbohrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass viele Antworten auf diese Fragen in den Ablagerungen am Seeboden gespeichert sind. Die Analysen an den erbohrten Seesedimenten im Rahmen des Facealps-Projekts haben Einblicke in die Klima- und Umweltgeschichte der letzten 2300 Jahre erbracht und den hohen Wert dieses Umweltarchivs verdeutlicht (Strasser et al. 2020).


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: © UIBK
© UIBK

Neue Bohrungen im Hallstätter See
Allerdings sind die bisher entnommenen Kerne max. 15 m lang und umfassen lediglich einen Zeitraum von 2350 Jahren. Die neuartige Bohrplattform "Hipercorig", die in den letzten zwei Jahren von der Firma Uwitec entwickelt und im Mondsee und Bodensee mit bis zu 63m-langen Tiefbohrkernen erfolgreich getestet wurde (Harms et al. 2020), wird nun im Hallstätter See eingesetzt.
Ziel des „Hipercorig Hallstatt History“ (H3) Projekts ist es nun, die komplette Sedimentabfolge im Hallstätter See, die sich seit dem Rückzug des Traun-Gletschers im See abgelagert hat, zu erbohren. Damit wird es möglich sein festzustellen, wann der Mensch das erste Mal im Inneren Salzkammergut siedelte, begann seine Umwelt zu beeinflussen und Salz zu produzieren.
Die 6-wöchige Bohrkampagne startete im April 2021. Im Vorfeld der Bohrungen wurden seismische Vermessungen des Seebodens durchgeführt, um die idealen Bohrstellen zu identifizieren.

Ein herzlicher Dank für die Unterstützung dieses Projekts geht an die Österreichischen Bundesforste, die Salinen Austria AG, die Salzwelten GmbH, die Gemeinden Hallstatt und Obertraun sowie an die Österreichische Akademie der Wissenschaften, die Universität Innsbruck und die Freunde des NHM Wien.



  
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